Nikolas Kerkenrath

« Der künstlerische Gedanke hat immer Priorität »

DAS FORUM IN LEVERKUSEN

DAS  FORUM  IN LEVERKUSEN

Foto: Uwe Miserius

Das FORUM in Leverkusen feierte im Septem-ber 2019 seinen fünfzigsten Geburtstag. In den 1960er Jahren entstand in der damaligen selbst-bewussten Bürgerschaft der Wunsch nach kultureller Eigenständigkeit; auch, um sich von Bayer abzugrenzen. Das städtische Angebot wurde erweitert und der Bau eines eigenen Kulturzentrums beschlossen. Die Einweihung erfolgte 1969. Sechseck-Form und bergische Schieferverkleidung sind die äusseren Merkmale des modernen Gebäude-Komplexes in Leverkusen-Wiesdorf, wenige Gehminuten vom 60 Jahre älteren 'historischen' Bayer-Erholungshaus entfernt. Besonders gelang dem Architekten Ulrich von Altenstadt der Konzert- und Theater-Saal mit tausend Plätzen und grosser Bühne, dem antiken Theater nachempfunden. Bei den internationalen Ballett-Compagnien und Sinfonie-Orchestern wurde dieser Saal schnell begehrt. Auch die Bayer Kulturabteilung nutzte ihn bald, vor allem für eine Gala-Reihe. Nach der Ernennung von Nikolas Kerkenrath zum neuen Kulturchef von Bayer im Frühjahr 1986 wurde ihm auch das Forum gezeigt; seine erste Reaktion war nicht besonders freundlich... Doch schnell integrierte er den Saal in seine Planung.
Zur Jubiläumsgala 50 Jahre Forum im September 2019 wurde auch Nikolas Kerkenrath eingeladen, der seit seiner Pensionierung in Paris lebt. Er nahm an einer Talkrunde teil (mit dem Dirigenten Dirk Joeres, dem Comedien Ralf Schmitz, der Studienrätin Elisabeth Rosenfelder und Roswitha Arnold, Vorsitzende Kulturaussschuss der Stadt) und genoss das Wiedersehen mit vielen Ehemaligen. Die mit der Veranstaltung beauftragte EVENTAGENTUR artimage veranlasste ein Interview, das von der Redakteurin Susanne Schaller per Telefon und e-mail geführt und im Internet-Portal der KulturStadtLev publiziert wurde.(BMH.)

* * * * *

Herr Kerkenrath – der Leverkusener Anzeiger interviewte Sie gleich nach Ihrer Nominierung telefonisch und befragte Sie auch zu Ihrem Eindruck zum Forum. Ihre Antwort irritierte damals allgemein: "Von aussen ein grauer Kasten, aber innen ein gut nutzbarer Saal."; ebenso Ihre Antwort zum zukünftigen Vorgehen: "Ich möchte, daß sich die Programme der beiden Veranstalter mehr von einander unterscheiden." Wie war das damals, warum diese Äusserungen?

Nikolas Kerkenrath, 2017

Foto: Horst Splisgardt, 2017

– Meine damalige Äusserung zum Forum, die ich unangemes-sen finde, entsprach dem Schock, vom Genfer See an den Rhein zu wechseln, dort, wo er nicht besonders schön ist. 'Bayerkusen' war nicht mit Luzern, Bern oder Nyon, Lausanne vergleichbar, das musste ich erst verarbeiten. Künstler oder Kulturmacher arbeiten überall; ausschlaggebend sind Strukturen und Möglich-keiten, nicht ein Stadtbild oder eine Landschaft. So erlebte ich es damals. Anfang Februar 1986 wurden mir das Erholungshaus und das Forum gezeigt. Der optische und atmosphärische Spagat, die Unterschiede beider Häuser führte bald zu konzep-tionellen Überlegungen. Der damals 'heimelige' Saal des Erholungshauses mit seiner mangelhaften Sicht auf die Bühne (erst 1997 konnten wir das verbessern), und die sachliche, funktionale Form im Forum mit bester Sicht auf allen Plätzen – das war schon ein spannender Kontrast. Der anfangs "graue Kasten" (nochmal pardon) mutierte mit der Zeit, die Nutzungsmöglichkeiten dominierten.
Das Forum wurde mir vertrauter, schon bald begann ich es zu mögen.

Welches Gefühl haben Sie heute, nach 22 Jahren Kulturarbeit für Bayer und in Leverkusen, und nach über 10 Jahren Pariser Abstand seit Ihrer Pensionierung, wenn Sie das Forum betreten?

– Zuerst einmal: ich fühlte mich wohl. Ich wurde zur Geburtstagsfeier 50 Jahre Forum eingeladen und zu einer Talkrunde. Das ehrt mich. Ich traf mit herzlicher Sympathie ehemalige Kulturbürger/innen aus der Stadt wieder und konnte feststellen, daß wir Vieles gemeinsam bewirkt haben, aber auch, daß uns heute Einiges fremd geworden ist. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, immer noch Leverkusener Bürger zu sein. Die Nabelschnur hält also noch…

Und welches Gefühl haben Sie als professioneller Kulturschaffender, wenn Sie an Ihre Zeit und Nutzung des Forums zurückdenken?

– Die anfänglich geschilderte Hemmschwelle war schnell überwunden. Hilfreich waren hier Ereig-nisse, die weit zurücklagen. Von 1966 bis 1969 verbrachte ich die Theaterferien in Griechenland und erlebte Aufführungen der Stücke von Sophokles, Euripides und Aristophanes in den antiken Theatern in Epidauros und Athen. Die perfekte Einheit dort von Raum, Sicht und Dimension hat mich geprägt. Das war auf einmal gegenwärtig, als ich im Forum in den hinteren Reihen sass und den leeren Raum aufnahm: das war ja ein 'griechischer Raum', staunte ich und begann, für diesen Raum zu planen.
Ich habe das in unserer Talkrunde zum Ausdruck gebracht und mit dem Architekten Ulrich von Altenstadt darüber gesprochen; er hat sich sehr gefreut, daß diese Komponente seiner Architektur erkannt worden ist. Es gab einige substantielle Aspekte, auf die das Gala-Publikum zustimmend reagiert hat. Von diesem Positiven der Veranstaltung hat die nur nörgelnde Presse aber nichts berichtet: das war eine einseitige, negative Berichterstattung. Warum muss dort so oft das Negative dominieren?

Während der Talkrunden im Terassensaal ärgerten Sie sich über einen Kabarettisten, der das Forum und das Erholungshaus Ende der 60er Jahre als Orte der sogenannten "Hochkultur", als damalige "Vorstufe zur Hölle" und als "Hölle selbst" bezeichnet hatte. Sie sagten, daß Sie den Begriff "Hochkultur" ablehnen, warum?

– Ja, ich habe mich über diese Art, noch heute und bei diesem Anlass Kulturarbeit so abwertend zu beschreiben, geärgert. Das war doch wirklich Schnee von vorgestern und nicht einmal kabarettistisch originell. In der Geschichte der beiden Kulturhäuser Leverkusens war und ist dieser Begriff nicht angebracht. Bayer hat mit dem Erholungshaus immer die ganze Gesellschaft eingeladen und die Stadt mit dem Forum gleichfalls; das war und ist immer für jeden zahlbar. Der Begriff "Hochkultur" ist ja zuerst ein materieller, ein ausgrenzender Begriff und von daher angreifbar: Früher konnten sich nur 'die Betuchten' die 'hohe' Kultur leisten. Das gilt schon lange nicht mehr. Sieht man einmal vom Schaulaufen bei der Eröffnung der Mailänder Scala ab, oder beim Neujahrskonzert in Wien, bei einigen 'Musts' in Salzburg, Paris… dann ist Beethoven oder Shakespeare heute für alle und überall zahlbar, und dies auf hohem Niveau. Wir können getrost einige (zu) teure Stars oder Anlässe denen überlassen, die dafür zahlen und sich damit schmücken wollen.
Die heutige Nutzung des Begriffs "Hochkultur" lehne ich auch deshalb ab, weil der ja den Begriff "Niedrigkultur" impliziert; das ist Kulturrassismus! Es gibt nur eine Kultur, und die reicht in Leverkusen vom Kommunalen Kino, der Musikschule, dem Jazzfest bis zum Sinfoniekonzert, der Theateraufführung, dem Tanz, der Kunstausstellung, der Kleinkunstszene... kurz zu aller Kunst und Kreativität, die an beiden Spielstätten für jeden ermöglicht wird.

Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben, wenn Sie heute, aus der Ferne, an das Forum in Leverkusen denken?

– Zuerst einmal: Ich bin noch heute dankbar dafür, daß es das Forum gab. Ohne es wäre vieles nicht realisierbar gewesen. Schon vor meiner Zeit wurde bei grossen Sinfoniekonzerten, Ballett- und Theaterproduktionen der Forumsaal genutzt. Ohne seine idealen Bühnen- und Sichtverhältnisse hätte der Ruf "Ballettstadt Leverkusen" nicht entstehen können; alle internationalen Compagnien tanzten hier.

Au Théâtre de Vidy Lausanne 1978

Schlussaplaus "Die Zauberflöte", konzertante Aufführungen, Mai 1988. Foto: Jutta Jelinski

Diesen 'griechischen Saal' brauchte ich für die von Anfang an geplanten konzertanten Opernauf-führungen mit den Bayer Philharmonikern und den beiden damals grossbesetzten Chören; brauchte Platz und Atmosphäre für die fast 400 Mitwirkenden, ohne daß es optisch und akustisch eng wurde. An dieser Stelle würde ich gern zeigen, wie das aussah und wie das klang! Der fabelhafte Rainer Koch dirigierte sich mit seinem Können ins Herz der Leverkusener Musikfreunde: Zauberflöte, Fidelio, Freischütz, Carmina Burana, Peer Gynt, Herzog Blaubarts Schloss, Don Carlos wurden zu Forum-Rennern. Ab 1994 verlegten wir alle Sinfoniekonzerte ins Forum und organisierten in den Pausen einen CD-Markt im Terassensaal. Ein neues Profil entstand. Beste Werbung für Leverkusen waren die vom WDR aufgezeichneten Sinfoniekonzerte unserer ARD-Orchesterzyklen von 1993/94 und von 1999/2000, welcher Wien, Wien, nur du allein! zum Thema hatte.

WDR 3
Dank an WDR'3 für die Übertragungen der ARD-Konzerte. Hier: SWR-Orchester Baden-Baden, Dirigent Hans Zender, April 2000. Foto: Josef Klaes.

Die Konzerte der zehn Radio-Orchester wurden in die meisten europäischen Länder, bis nach Kanada, Australien, Japan ausgestrahlt; das waren mehrere hundert Sendestunden. Jedesmal hiess es in der An- und Abmoderation, in der jeweiligen Sprache: "Aus dem Forum Leverkusen". Unsere Kulturabteilung Bayer wurde als Veranstalter dabei nie genannt; das hat uns gar nicht gefallen, war aber so. Ich bin nicht sicher, ob die damalige Stadtspitze erkannt hat, welche Beiträge wir mit solchen Projekten, die ja auch co-operativ waren, für das Leverkusener Kulturprofil geleistet haben.

Als Leiter der Bayer Kulturabteilung kreierten Sie den Slogan "Wirtschaftsräume sind auch Kulturräume". Ein Gedanke, der heute und in Zukunft trägt?

– Generell ja, denn jeder wie, warum und von wem definierte Wirtschaftsraum ist zuerst ein Kulturraum, Kultur ist immer schon vorher da. Tragisch ist, daß das "Wirtschaften" oft mit dem Zerstören von Kulturen begann. Über vier Jahrhunderte war unser Europa der grosse kulturelle Zerstörer in der Welt und hat wirtschaftlich gnadenlos und skrupellos ausgebeutet. Das wird seit den 1960er Jahren – ich nenne das mal – 'korrigiert'. Heute sind es noch einige Grossmächte und diverse Trusts, die sich einen Dreck um die Kultur anderer und deren Umwelt scheren.
Ich hatte das grosse Glück, in einem internationalen Unternehmen mit langer Kulturtradition zu arbeiten und dessen Strategie der wirtschaftlichen Regionalisierung mit kulturellen Projekten zu begleiten. Das Konzept kam von uns aus der Kulturabteilung und wurde gern vom Vorstand und von den Regionen-Vertretungen aufgenommen. Besonders reizvoll war es, als wir vor zwanzig Jahren den von der Politik geprägten Begriff "Reformländer" für die geschwächten Länder Mitteleuropas infrage stellten und im Spielplan 2001/02 positiv umkehrten: "Reformländer? – Kulturländer!" Mit dieser Interpretation konnte auch der frühere Aussenminister Hans-Dietrich Genscher gewonnen werden, zur Eröffnung dieser besonderen Spielzeit zu sprechen; eine wunderbare Rede, in der er den Slogan "Wirtschaftsräume sind auch Kulturräume" in seine Vision von Europa integrierte.
Als dann im Verlauf der Saison die Künstler aus Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei im Erholungshaus und im Forum auftraten, ergänzt durch deutsche Solisten und Ensembles, da wurde allen die Bedeutung des Begriffs "Kulturländer" auf eine wohltuende Art bewusst. Am glücklichsten war der Unternehmens-Vertreter dieses Wirtschaftsraums: die Akteure aus Politik und Wirtschaft der vier "Reformländer" diskutierten mit ihm vor Ort zuallererst – über Kultur und unsere Spielzeit.

Sie lebten in mehreren Ländern, für Sie ist die deutsch-französische Beziehung und Europa ganz wichtig. Europa muss grosse interne und externe Probleme lösen. Welche Rolle spielt da noch die Kultur, kann sie überhaupt etwas bewirken, generell, und in einer Stadt wie Leverkusen ?

– Kultur in Europa ist viel stärker, als wir annehmen; und Europa ist viel, viel stärker als wir ihm und uns zugestehen. Dies trotz manchmal schwer zu verstehender Beschlüsse "in Brüssel" und anderorts, trotz der häufig schlechten Kommentare, denen selten das überwiegend Positive gegenüber gestellt wird. Und Positives gibt es, verdammt noch mal, viel mehr, als den extremen Dauerstänkern will-kommen ist; und das wissen die auch. Kultur ist in uns Europäern tief verankert, in den Genen und im Alltag. In vielen Ländern Europas achten Regierungen und Institutionen darauf, daß dieses Fundament stabil bleibt und unserer Gesellschaft einen Halt gibt.
Leverkusen ist durch seine industrielle Geschichte, besonders nach dem Krieg, auf eine ganz natürliche Art zu einer mittelgrossen europäischen Stadt geworden, mit einer hier erlebbaren Toleranz anderen gegenüber. Das ist mir aufgefallen, der Kontakt mit dem damaligen Oberbürgermeister Horst Henning hat dies noch vertieft. Gemeinsam sind wir 1989 schon, passend zu unserer Saison Française und zur sprachlichen Ausrichtung einiger Leverkusener Gymnasien, auf die Suche nach einer französischen Partnerstadt gegangen, hatten sie auch gefunden (Villeurbanne bei Lyon) – wurden aber von der politischen Opposition ausgehebelt. Horst Henning hat die Eigenständigkeit unserer Kulturarbeit immer als Teil des gesamten Kulturprofils von Leverkusen angesehen und war deshalb begeistert von der Idee, unsere Europäische Spielzeit (Schirmherr war EU-Präsident Jacques Delors) im Herbst 1992 im städtischen Forum festlich zu eröffnen.

WDR 3
Europäische Sternstunde im Forum 1992: Festvortrag von Walter Jens. Foto: K.H. Halberstadt

Ein besseres Forum zu Europa hätten wir nicht finden können! Es war wohl die intensivste Veranstaltung meiner Zeit in Leverkusen: über neunhundert geladene Gäste, darunter viele Botschafter und Gesandte europäischer Länder. Empfang aller im Terrassensaal; dann im grossen, dem 'griechischen Saal' der Festakt mit starken Reden des Oberbürgermeisters, des Vorstandsvorsitzenden, des Vertreters der Landesregierung, des Repräsentanten von Jacques Delors, Konzert der Bayer Philharmoniker, der Vortrag von Walter Jens zum Wunschthema Deutschsein in Europa. Beim Nachlesen dieser Reden stelle ich fest, wie visionär alle damals gedacht und gesprochen haben! Doch das Wichtigste an diesem 20. September 1992 war die mit Spannung erwartete Verkündigung des französischen Botschafters nach der Pause, daß sein Land für die Verträge von Maastricht gestimmt hatte. Der erleichterte Jubel war gross. Das war gelebtes Europa im Forum Leverkusen.

Ich meine, daß wir mit diesen – ich nenne das mal – Erinnerungen für morgen unser Gespräch abschliessen können; Ihren guten Fragen bin ich gern gefolgt. Dem Jubilar Forum wünsche ich, daß in Leverkusen immer und zuerst kultureller Anspruch und Mut dominieren mögen und Visionen entstehen, allen finanziellen Anfeindungen zum Trotz. Der Name und der Begriff "Forum" verpflichtet.

© Susanne Schaller / Nikolas Kerkenrath; Oktober 2019

 

"LIVE AUS DEM FORUM LEVERKUSEN!"
CDs grosser Konzertereignisse der Bayer Kulturabteilung,
Aufzeichnungen und Sendungen von DeutschlandRadio und WDR 3.

Beethoven Zacharias Norrington

Saison 1997 / 98
"Mit Freunden Geburtstag feiern,
90 Jahre Kulturabteilung Bayer"
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzerte 1 bis 5.
(Interviews: Norrington, Zacharias)
Solist: Christian Zacharias
Bamberger Symphoniker / Roger Norrington, Dirigent
(Aufzeichnung der Konzerte vom 21. und 23. Oktober 1997)

 

Beethoven Zacharias Norrington

Saison 2000 / 01
"Der alte Kulturraum Flandern - heute"
Johannes Brahms: Klavierkonzerte 1 und 2,
Intermezzi, Paganini-Variationen
.
Solist: François-René Duchâble
Koninklijk Filharmonisch Orkest van Vlaanderen,
Philippe Herreweghe, Dirigent
(Aufzeichnung der Konzerte vom 11. und 12. November 2000)

 

Beethoven Zacharias Norrington

Saison 2003 / 04
"Hector Berlioz und seine Zeit"
Robert Schumann: Klavierkonzert,
Toccata, Carnaval, Romanze, Intermezzo
.
Solist: François-René Duchâble
Orchestre National du Capitole de Toulouse,
Michel Plasson, Dirigent

(Aufzeichnung der Konzerte vom 6. und 7. November 2003)

 

radio orchester in Leverkusen

Der Forumsaal war ein wichtiger Teil von Nikolas Kerkenrath's Kulturkonzept. Das wird auch in den beiden, von der Kulturabteilung herausgegebenen Dokumentationen deutlich, die den Orchester-Zyklen 1993/94 (Die Orchester der ARD heute) und 1999/2000 (Wien, Wien - nur du allein!) gewidmet sind. Beide Zyklen wurden in einer mittelgrossen Stadt "in der Provinz organisiert, von einem privaten Veranstalter", kommentiert der Verursacher und fügt hinzu: "Das macht den Charme und die Bedeutung dieser kulturellen Leistung aus. Der damalige Musikchef des Hessischen Rundfunks und Projekt-Beauftragte der ARD, Leo Karl Gerhartz, hochmotiviert und ebenso kompetent, war der ideale Partner, ohne den diese beiden Kraftakte nicht möglich gewesen wären. Er war wohl der letzte echte grosse ARD-Musikdramaturg... ein Glücksfall für die Sache!"
Die beiden Dokumentationen wurden allen der European Broadcasting Union (EBU) ange- schlossenen Sendern Europas sowie allen ARD-Sendern und -Orchestern zugestellt. Noch heute ärgert sich Kerkenrath über die damals vom nachbarschaftlichen WDR und somit von allen ARD-Sendern praktizierte Klausel, nach welcher Unternehmen, die Kulturelles veranstalten, bei Radio-Übertragungen nicht genannt werden dürfen. "Die Kulturleistung war willkommen; aber - dies bitte nicht namentlich 'im öffentlich rechtlichen Radio' sagen... das war schon eine Kröte, die nicht leicht zu schlucken war!" Somit hiess es, wie oben im Interview gesagt, bei allen von der Bayer Kultur-abteilung organisierten und von WDR/ARD übertragenen Konzerten "Aus dem Forum Leverkusen". Die Stadt Leverkusen hatte es kulturell gut.(BMH.)